AZ feuilleton
Freitag, 20. Februar 1976 Seite 6

Skandal um Tony Marschalls Liedbeitrag zu "Grand Prix Eurovision" in Den Haag
Vorher war eine Münchnerin dran
Von Thomas Veszelits
Ein Skandal droht um das Lied "Der Star" auszubrechen. Dieser deutsche Beitrag für den "Grand Prix Eurovision" in den Haag am 3. April wird zum Gegenstand eines Juristenstreits. Laut "Grand Prix"-Satzung muß der Titel ausschließlich für den Wettbewerb geschrieben sein und darf vorher nicht veröffentlicht werden. Bei dem Titel "Der Star", gesungen von Tony Marshall, erhebt jetzt die Münchner Sängerin Niza Thobi-Stegemann den Anspruch auf die Erstveröffentlichung: sie soll den "Grand Prix"-Titel bereits seit 2 Jahren auf Tourneen singen. Wenn es ihr gelingt, dies zu beweisen, wird Tony Marshall für Den Haag disqualifiziert. An seine Stelle würden dann die Les Humphries Singers mit "Sing, Sang, Song" rücken.
  Die Freude von Tony Marshall ist getrübt. Sei gefeierter Hit "Der Star" ist kein Novität.
  Der Komponist Detlef Petersen schrieb diese Nummer vor vier Jahren für die Münchnerin Niza Thobi. Doch ein Erfolg blieb aus.
  Zwar wollte die Plattenfirma BASF diesen Song mit fünfzehn anderen für eine LP produzieren, aber es kam nur zu Studioaufnahmen. Die Platte erschien nicht. Verärgert ging Niza Thobi vor Gericht und pochte auf ihrem Vertrag. Die Sache endete mit einem Vergleich: Niza Thobi bekam alle Rechte für räumliche, sachliche und zeitliche Verwertung aller 15 Lieder, darunter auch das Lied "Der Star".
  Als sich jetzt Tony Marshall mit dem "Star" für Den Haag qualifizierte, bohrte Niza Thobi in den SPIDEM-Satzungen nach. Dort heißt es: Der "Grand Prix"-Titel darf nicht vorher auf Tonträgern in Noten oder durch Aufführungen veröffentlicht werden. An dem letzten Punkt klammert sie sich: "Ich habe das Lied "Der Star" bei meinen Diskotheken-Tourneen gesungen"
    "Der Star" ist seit März 1973 auch bei der GEMA gemeldet - allerdings fehlen noch die Tantiemenabrechnungen für das Jahr 1975. Darauf stützt sich der PEER-Musikverlag, der die "Star"-Rechte besitzt und sie auch für Tony Marshall freigab. "Da wir bisher keine Tantiemen bekamen, gingen wir davon aus, daß das Lied noch nie veröffentlicht wurde."
  Für SPIDEM ist nun entscheidend, ob Niza Thobi beweisen kann, daß sie den Star" vor Publikum sang. Niza Thobi: "Ich habe das Playbackband, das ich für die Auftritte verwendete."
  Der PEER-Musikverlag will allerdings hart vorgehen: "Wenn Frau Thobi das Lied öffentlich sang, dann war es ohne unsere Genehmigung", sagt Holger Voss von PEER-Verlag. "Sollte nun die Teilnahme von Tony Marshall beim Grand Prix platzen, verklagen wir sie auf Schadenersatz in unbegrenzter Höhe.


 
 
BILD-Hamburg 
Hamburg 20. Februar

Das seutsche Lied für Den Haag ist uralt
Hamburger deckt Schwindel beim Fernseh-Festival auf!

Fliegt Sänger Tony Marshall jetzt aus dem Wettbewerb?

Von Wolfgang Windel und Peter Bartels
Hamburg 20. Februar
  Armer Tony Marshall! Er wird wahrscheinlich nicht zum Grand Prix nach Den Haag fahren, obwohl er die deutsche Ausscheidung gewonnen hat. Grund: sein Lied "Der Star" ist alt. Es wurde schon vor vier Jahren mit der Sängerin Nizza Thobi in einem Studio bei Frankfurt produziert. In e-Moll!
  Der Hamburger arrangeur Horst Lubitz (35) gestern: "Ich habe den Song von Tony Marshall erst Mittwoch abend im Fernsehen gehört. Ich fiel bald vom Hocker. Es war genau dasselbe Lied mit der gleichen Orchsterbesetzung, das ich damals für die BASF arrangiert hatte."
  Lubitz bekam 250 Mark dafür. Er produzierte den Song mit Musikern des Hessischen Rundfunks. Vor allem: Er spielte ihn auch bei vielen öffentlichen Veranstaltungen mit seiner Big Band. Die Teilnahembedingungen für den Grand Prix Eurovision aber besagen wörtlich:
  "Weder Komposition noch Text dürfen veröffentlicht sein" (d.h. weder öffentlich aufgeführt noch gesendet, noch gedruckt oder auf andere Weise vervielfältigt oder verbreitet).
  Der Unterhaltungschef des Hessischen Rundfunks, Günter Pape, dem BILD gestern die Erstversion des Grand-Prix-Liedes über Telefon vorspielte, perplex: "Wenn es sich herausstellt, daß gegen die Bedingungen verstoßen wurde, wird wohl der Zweitplazierte nach DEn Haag fahren müssen."
  Das wäre in diesem Falle Les Humphries.
  Tony Marshall erschüttert: "Das darf doch nicht wahr sein!"
  BILD sprach noch gestern abend mit der Sängerin Nizza Thobi in München: Sie jubelte: "Wunderbar, ich habe gerade erfahren, daß meine neue Plattenfirma den "Star" von mir neu veröffentlichen will."
 


 
 
 
                  HAMBURGER
Morgenpost
Nr. 43/8. W.   Freitag , 20. Februar 1976  35 Pf
Großer Grand-Prix-Krach: 
Fliegt Tony Marshall raus?

Frankfurt - Riesenkrach um Tony Marshall und sein Lied "Der Star". Der deutsche Beitrag für den Grand Prix für Den Haag wird möglicherweise disqualifiziert. 
  Grund: Die in München lebende Sängerin Nizza Tobi tingelt seit zwei jahren mit dem "Star" durch Diskotheken. Nach dem Reglement dürfen nur unveröffentlichte Lieder am Grand Prix teilnehmen.
Wenn Tony Marshall und sein "Star" disqualifiziert werden, rückt automatisch Les Humphris auf seinen Platz. (Siehe S. 8)


Nizza Tobi -- Skandalnudel oder Pechvogel

Grand-Prix-Skandal:
Nizza brachte den Stein ins Rollen
 Aber ich bin keine Skandalnudel!
 (Fortsetzung von Seite 1) 
Noch rätselt die ganze Showbranche, warum Nizza Tobi erst einen Tag nach der Entscheidung die Katze aus dem Sack ließ. "Das muß die doch schon vor drei Wochen gehört haben, als der Titel zum erstenmal im Fernsehen lief", wunderte sich der mögliche Skandal-Nutznießer, Humphris-Produzent Günter Geyer.
Immerhin kündigte ihr Rechtsanwalt Dr. Norbert Kückelmann gestern an: "Wir werden versuchen, den Marshall-Titel sperren zu lassen" Komponist Detlef Petersen ließ alle Termine platzen.
  Die Israelin gibt vor, daß sie "kein Skandal-Mädchen ist, sondern lediglich den umstrittenen Titel auch auf Platte aufnehmen will".
  Ganz anderer Meinung sind da einige ihrer früheren Partner. Jürgen Otterstein aus Hamburg beispielsweise, der vor einigen Jahren zusammen mit Bert Kämpfert versucht hatte, sie zu produzieren: "Die wußte schon immer sehr genau, wie man am besten Publicity macht."
  Vielen Insidern ist auch noch in Erinnerung, daß sie Wochenlang in einem Hamburger Hotel saß und Interviews gab, in denen s vor Selbstmordankündigungen nur so wimmelte. Platten mit Nizza Tobi wurden entweder von ihren Firmen abgelehnt oder lagen wie Blei in den Regalen. 
  Ein Sprecher der Firma BASF, bei der Nizza Tobi eine Zeitlang unter Vertrag war: "Wir haben damals die Aufnahme für den "Star" bezahlt und ihr die Bänder geschenkt. Man war damals der Meinung, dass Lied sei nicht kommerziell genug.