Ergreifende Lieder gegen das Vergessen
Nizza Thobi bei den Rudertinger Kulturtagen

 

Passauer Neue Presse -  Ostern 2000 
von Theresia Wildfeuer

Nizza Thobi bei den Rudertinger Kulturtagen

Ergreifende Lieder gegen das Vergessen

Ruderting  (tw).  Juwelen der jiddischen Gesangskunst präsentierte die israelische Sängerin Nizza Thobi, die seit 25 Jahren in München lebt, im Rahmen der Rudertinger Kulturtage in der Aula der Schule.

   Sie sang Lieder aus dem jüdischen Ghetto in Wilna und aus Jerusalem, trug das Bußgebet von Papst Johannes XXIII. vor. 
" Der Menschen Kampf gegen die Macht ist der Kampf der Erinnerung gegen das Vergessen", eröffnete Nizza Thobi den Abend. "Gebojrn in a sajden Hemdl", nannte sie ihr Programm. Es sei eine Parabel auf den lebenserhaltenden Wert der Muttersprache, sagte sie. Die Erläuterungen zu den Liedtexten zeigten, wie  wichtig den Juden die eigene Lebensart
besonders in der Fremde war. Nizza Thobi machte es sich zur Aufgabe, diese Identität zu erhalten. Auch Goethe hat Jiddisch und Hebräisch gelernt.

   In ihrem Programm verband Nizza Thobi religiöse, familiäre und historische Elemente zu einer spannenden Darstellung jüdischer Lebensart. Mit viel Aufwand sammelte sie Gedichte und Lieder von jüdischen Widerstandskämpfern und Autoren, die Opfer des Holocaust geworden waren. Musikalisch erzählte sie das Leben im Ghetto im litauischen Wilna, wo zwischen 1941 und 1944 Juden deportiert und der Ausrottungspolitik der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Die Lieder berichteten auch über die Pogrome, die systematische Vertreibung und Vernichtung der Juden während des Nazi-Regimes.

  

 

 

Trotz der traurigen Wahrheit versprühte die Sängerin Lebenslust. Sie freue sich besonders, wenn ihr junge Leute und Kinder zu hören, erzählt sie. Dias zur Musik zeigten die Menschen, über die sie sang oder deren Werke sie darbrachte. Es waren anspruchsvolle Lieder. Erst nach der Pause schlug sie den Bogen zur eigenen Kindheit, stellte das liebevolle Kinderlied "Nani, Nani" in spanischen Jiddisch, Ladino genannt, vor. Auch Heiteres kam vor und selbst ein Tango. Besonders beeindruckte die Zuhörer das Bußgebet von Papst Johannes XXIII., das Nizza Thobi fast feierlich und aktuell zum vatikanischen Schuldbekenntnis vortrug: "Wir erkennen heute, dass viele Jahrhunderte der Blindheit unsere Augen verhüllt haben...", so beginnt es. "Vergib uns den Fluch, den wir zu unrecht an den Namen der Juden hefteten. Vergib uns, dass wir dich in ihren Fleische zum zweitenmal ans Kreuz schlugen. Denn wir wußten nicht, was wir taten...", betete der Papst damals.