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Malva
Schalek
Von
Dr. Max Milrath
Unter den Wiener - bildenden
Künstlerinnen
ist Malva
Schalek heute eine der bedeutendsten;
was aber vielleicht mehr sagen will: sie steht, ohn'
Anseh'n des Geschlechts, in der vordersten Reihe
der österreichischen Porträtisten; steht mitten unter
ihnen und steht abseits. Denn "Richtung" oder
"Gruppe" kennt sie nicht, sie schafft schullos,
doch zielbewusst nach ihrer Richtung: überall die
Natur nachzuempfinden, ihr bis in die feinsten
Verästelungen nachzugehen und sie mit künstlerisch
geschultem
Blick auf die Leinwand zu projizieren.
Es ist die ehrlichste, aller Effekthascherei, allem
"Anders - Sehen - Wollen" ferne Künstlerarbeit. Dar
um gleichen ihre Nelken auch wirklichen Nelken
und jede von ihnen auch nur einer bestimmten.
Darum gleichen ihre Bildnisse dem lebendigen
Menschen, dessen besondere Kennzeichen sie tragen,
dessen Charakter sie immer irgendwie verräterisch enthüllen.
In
Prag geboren, in Wien zur Porträtistin
Rosenthal - Hatschek, dann in München zu Heymann
und Thor in die Lehre gegangen, nahm sie mit
Unbewusstheit alles in sich auf, was ihrer Eigenheit
frommte. Mit eben derselben Unbewusstheit stieß
sie von sich, was
ihrem Malerglauben im Wege
stand und wurde, als sie sich ständig in Wien nieder
ließ, das, was nur strenge Selbstzucht erreichen
kann:
eine Künstlerin ohne Kompromiss und
Konzession.
Ihre
Bilder haben Temperament und Rhythmus;
Befremdlichkeiten sind immer überzeugend begründet, Komposition und
Kolorit stets dem Gegen
stand, der Stimmung, ja auch dem Material angepasst. So bietet das
Schaffen Malva Schaleks, unbeschadet der nicht vermeidlichen Qualitätsdifferenzen,
dem Genießer durchweg große Befriedigung.
Ungemein
subtil sind, schon durch die Behandlung des Lichtes bemerkenswert, die
Interieurs
der Künstlerin. Sie haben gute Tiefe
und eine minutiös Einzelgestaltung. Bildnisse überwiegen jedoch in ihrem
Schaffen. Das fesselnde Porträt der
Dame, deren Hand spielerisch an der Perlenkette liegt, gibt so recht über
die Kunst der Malerin restlosen Aufschluss. Die Satte Kontrastierung
der Farben, der ins Leichte gehobene Fluss der
Linie,
der dunkel getönte orientalische Typus wirken
wie ein Programm zu einem Thema, das sich jedem
Beschauer sofort offenbart. Auch das Knabenbildnis, an dem in erster Linie
das treffliche Auge
auffällt, zeigt alle Vorzüge Malva Schaleks. Den
geweckten, durch Leid - Erfahrung wissenden und
dabei doch keuschen Ausdruck bewundern wir an
einem zweiten Damenporträt, das als Farbstiftzeichnung von außerordentlicher
Treffsicherheit
zeugt. Und Max Pallenberg steht vor uns, wie er
leibt und lebt, so charakteristisch, dass man in dem Bildnis
etwas wie Enträtselung des quecksilbernen Darstellers,
etwas wie "Auf - Urformel -Bringen zu
sehen glaubt.
Das bisherige Werk der noch jungen Künstlerin rundet sich gereift zu
einer achtbaren Repräsentation; es lässt bereits unzweideutig den wert
vollen Menschen durchscheinen, der dem Künstler
den Pinsel führt.
Zeitschrift
Ost und West Jahrgang 1919
Band
Heft 1 - 2 (Januar 1919)
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